Interview mit Mitgliedern des Rettungsbeirats
komba Referent Jan Bannert im Gespräch mit Lars Mindstedt (Rettungsassistent) und Rico Stobbe (Notfallsanitäter)
Hallo Lars, hallo Rico, schön, dass wir uns heute treffen, um über Euch und Eure Funktion im Rettungsdienstbeirat der komba sachsen-anhalt zu sprechen.
Hallo Jan, danke für die Einladung zum Interview. Schön, dass wir heute hier sein dürfen.
Da nicht alle wissen, wer Lars und Rico sind, würde ich Euch bitten, Euch vorzustellen:
Lars: Ich bin 42 Jahre alt, gelernter Gas- und Wasserinstallateur, Berufskraftfahrer und Rettungsassistent. Ich habe eine 12jährige Dienstzeit bei der Bundeswehr absolviert und bin seit 2015 im Rettungsdienst tätig.
Rico: Ich bin 38 Jahre alt und seit ca.20 Jahren im Rettungsdienst tätig, seit 7 Jahren Notfallsanitäter. Zu meinen Funktionen als Notfallsanitäter bin ich staatl. gepr. Desinfektor und Datenschutzbeauftragter bei der Notfallrettung Börde GmbH.
Vielen Dank. Man findet Euch auf der Homepage der komba-gewerkschaft sachsen-anhalt als unsere Mitglieder im Rettungsdienstbeirat. Wie kam es überhaupt dazu, Mitglied unserer Gewerkschaft zu werden?
Rico: Die komba gewerkschaft hat mit meinem Arbeitsgeber einen TVöD vergleichbaren Haustarifvertrag abgeschlossen und überzeugte mich als Betriebsrat durch Unterstützung in Angelegenheiten des Arbeits- und Tarifrechts und mit ihren Fortbildungsangeboten. Der faire Mitgliedsbeitrag und die zusätzlichen Vergünstigungen, wie Unfallfreizeitversicherung usw., sind auch ausschlaggebend gewesen. Obendrein empfinde ich die komba gewerkschaft als einen fairen Interessenvertreter der Mitarbeiter, der auch den Fortbestand der Tarifpartner im Blick hat.
Ich sehe die komba gewerkschaft als kompetentes Sprachrohr in die Politik um die Interessen des Rettungsdienstes zu kommunizieren.
Lars: Mich gewerkschaftlich zu organisieren, ist mir sehr wichtig, weil der Rettungsdienst in Deutschland eine starke Interessenvertretung benötigt.
Was bewog Euch dazu, ein ehrenamtliches Engagement in Eurer Freizeit zu übernehmen?
Lars: Wenn ich ehrlich bin, kam das Angebot von der Landesvorsitzenden Bettina Fügemann während eines Gesprächs. Anscheinend konnte ich mit meinem sozialen Engagement einen positiven Eindruck hinterlassen.
Rico: Mein Interesse ist die speziellen Belange des Rettungsdienstes in meiner Gewerkschaft anzusprechen und beratend zu begleiten. Wichtig ist mir, dass ich auch Fragen meiner Kolleginnen und Kollegen kompetent mit Wissen aus erster Hand beantworten kann.
Wunderbar. Immer wieder müssen wir feststellen, dass es um den Rettungsdienst nicht sonderlich gut bestellt ist. Die Übergriffe auf Helfer in der Not nehmen zu. Kollegen der Feuerwehren und des Rettungsdienstes leiden unter der zunehmenden Gewalt. Wie schätzt Ihr das aus eurer Sicht ein? Habt Ihr ähnliche Erfahrungen machen müssen? Und wie geht Ihr mit diesen Erfahrungen um?
Rico: Die Zunahme von Gewalt gegenüber der Rettungskräfte sehe ich als großes Problem. Hier kann nur mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit und Präventionsmaßnahmen entgegengewirkt werden. Ich selbst bin schon in einige brenzlige Situationen geraten, die durch im Vorfeld präventive Maßnahmen (Deeskalationstraining) beherrschbar waren. In den wenigen Fällen, wo es nicht möglich war, kann ich nur einen großen Dank an die Kollegen der Polizei aussprechen.
Lars: Kleinere Wortgefechte mit Hilfsbedürftigen oder aufbrausende Patienten bzw. Angehörige, das kommt schon mal vor. Das sehe ich nicht als Angriff auf mich persönlich an, sondern das ist mehr dem Anspruchsverhalten der Gegenseite geschuldet. Da heißt es, deeskalierend wirken und gut ist. Einen Übergriff oder direkte Gewalt habe ich zum Glück noch nicht erleben müssen. Einige meiner Kollegen hingegen leider schon.
Ihr arbeitet seit vielen Jahren im Rettungsdienst. Oft wird der Rettungsdienst von den Landkreisen und kreisfreien Städten in Eigenbetrieben organisiert oder an Hilfsorganisationen und private Unternehmen abgegeben. Welchen Herausforderungen müssen sich die Landkreise und ihre Auftragnehmer in Zukunft stellen?
Lars: Zum einen ist der steigende bzw. benötigte Personalbedarf ein Thema, u.a. bedingt durch den erhöhten Altersdurchschnitt und den damit verbundenen Renteneintritten in den kommenden Jahren. Zum anderen muss eine steigende Anzahl an Rettungsmitteln die vorgehalten werden. Dies aus verschiedenen Gründen, ein Teil z.B. ist die sich ändernde und teils schon geänderte Krankenhausstruktur und den damit verbundenen längeren Anfahrtswegen. Somit sind die Rettungsmittel im Einsatz gebundenen, um nur einen Grund von vielen zu nennen. Und mehr Rettungsmittel bedeuten wiederum auch mehr Personal. Personalgewinnung wird ein sehr wichtiges Thema in den nächsten Jahren sein.
Rico: Auch ich sehe, wie Lars, als große Herausforderungen die zunehmenden Spezialisierungen und Schließungen von Kliniken im ländlichen Raum aufgrund der gesundheitspolitischen Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit. Dies bedeutet in der alltäglichen Arbeit, dass Transportzeiten von Patienten sich verlängern. Auch muss in unserer Gesellschaft und Politik über die tatsächliche Aufgabe des Rettungsdienstes debattiert werden, da oftmals vermeintliche Bagatelleinsätze Rettungsmittel und Einsatzkräfte unnötig binden.
Vielen Dank für Ihre deutlichen und mahnenden Worte. Zu guter Letzt schenke ich Euch einen Wunsch, der sich nur für Eure Arbeitswelt einlösen lässt. Was würdet Ihr Euch wünschen?
Lars: Der Abbau der steigenden Bürokratie wäre schön. Verbunden mit Kommunikation, also miteinander reden. Dies sollten wir nicht verlernen, denn leider befinden wir uns in manchen Bereichen bereits auf diesem Weg. Es ist eine der wichtigsten Tugenden. Übrigens auch im Gesamtgesellschaftlichen. Weiterhin wünsche ich allen Kollegen Gesundheit, diese ist gerade in unserem Berufsfeld sehr wichtig.
Rico: Das ist eine gute Frage. Ich würde mir wünschen, dass die zuständigen Gesundheitspolitikerinnen und Politiker den Rettungsdienst nicht vernachlässigen und die vorhandene Praxiskompetenz in die Entscheidungsfindung mit einbinden.
Vielen Dank Jan, für das sehr kurzweilige Interview.
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