15.07.2021 / dbb beamtenbund und tarifunion

tacheles 7-8/2021: Die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ stellt eine rassistische Äußerung dar und rechtfertigt eine fristlose Kündigung

© gerd altmann / pixabay.com
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Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ eine rassistische Äußerung ist und eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Mit dem Beschluss hat das Gericht die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung ersetzt (ArbG Berlin, Beschluss vom 18. Mai 2021, Aktenzeichen 55 BV 2053/21).

 

Der Fall
In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ging es um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer außerordentlichen Kündigung einer Verkäuferin eines Kaufhauses mit internationalem Publikum. Die Verkäuferin hat gegenüber einer Kollegin ihre Vorgesetzte als „Ming Vase“ bezeichnet. Auf Nachfrage eines anwesenden Vorgesetzten, was damit gemeint sei, habe die Verkäuferin ergänzt: „Na Sie wissen schon, die Ming Vase“. Dabei habe die Mitarbeiterin die Augen mit ihren Fingern nach hinten gezogen, um laut Gericht eine asiatische Augenform zu imitieren. Daraufhin habe die Arbeitgeberseite die Verkäuferin zu dem Vorfall angehört. Darin habe die Mitarbeiterin erklärt, eine Ming Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Das Imitieren der asiatischen Augenform sei erfolgt, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen. Weiterhin erklärte die Verkäuferin, dass sie bei „schwarzen Menschen / Kunden“ den Begriff „Herr Boateng“ verwende, weil sie den Fußballspieler toll finde. Der Arbeitgeber sah in der Bezeichnung der Vorgesetzten als „Ming Vase“ eine rassistische Äußerung und sprach gegenüber der Verkäuferin die außerordentliche Kündigung aus. Da die betroffene Mitarbeiterin als Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachgerückt war, musste der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung zustimmen. Denn für eine außerordentliche Kündigung ist die Zustimmung des Betriebsrats dann erforderlich, wenn ein Mitglied des Betriebsrats gekündigt werden soll. Im vorliegenden Fall hat der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung der Verkäuferin jedoch nicht zugestimmt. Der Betriebsrat verurteile Rassismus zwar auf das Schärfste, sehe aber bei der betroffenen Verkäuferin kein rassistisches Gedankengut. Aus diesem Grund verweigere er auch die Zustimmung zur fristlosen Kündigung.

Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht hat die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung ersetzt. Die Bezeichnung der Vorgesetzten als „Ming Vase“ und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten der Mitarbeiterin seien zur Ausgrenzung von Mitmenschen anderer Herkunft, deren Beleidigung und deren Herabsetzung geeignet. Das Verhalten der Verkäuferin rechtfertigte unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls eine außerordentliche Kündigung. Schließlich würde durch die nachfolgenden Erklärungsversuche der Mitarbeiterin während der Anhörung eine Verfestigung der dahinstehenden Haltung der Verkäuferin erkennbar. Daher kam das Gericht in der Gesamtbetrachtung zu dem Schluss, dass es sich um eine erhebliche Herabwürdigung der gemeinten Vorgesetzten handle. Die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ stelle eine rassistische Äußerung dar. Solch ein Verhalten verletze die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber. Auch sei es für ein Kaufhaus von internationalem Ruf nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als Ming Vase oder Herr Boateng oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichnen könnte. Das Arbeitsgericht hat daher die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung vorgenommen.

Das Fazit
Die Entscheidung zeigt, dass es keine Bagatellen bei Rassismus gibt. Denn auch der vermeintlich positive Rassismus ist und bleibt Rassismus, dem entschieden entgegen zu treten ist. Rassistische Äußerungen können nicht entschuldigt und mit Gedankenlosigkeit relativiert werden. Gegen den vorliegenden Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.

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